Die Furcht vor der Freiheit (Erich Fromm)

„Pirandello verleiht diesem Gefühl … Ausdruck. … Wer bin ich? Welch anderen Beweis für meine Identität habe ich als den Fortbestand meines körperlichen Selbst? Seine Antwort ist nicht wie bei Descartes die Bejahung des persönlichen Selbst, sondern dessen Leugnung: Ich besitze keine Identität, es gibt kein Selbst ausser dem Spiegelbild dessen, was andere von mir erwarten: Ich bin, wie du mich haben willst.“ (S. 184)

„Was also bedeutet Freiheit für den heutigen Menschen? Er hat sich von äusseren Fesseln befreit, die ihn daran hindern könnten, das zu tun und zu denken, was er für richtig hält. Er möchte die Freiheit haben, nach seinem eigenen Willen zu handeln, wenn er nur wüsste, was er will, denkt und fühlt. Aber eben das weiss er nicht. Er richtet sich dabei nach anonymen Autoritäten und nimmt ein Selbst an, das nicht das seine ist. Je mehr er das tut, desto ohnmächtiger fühlt er sich, um so mehr sieht er sich gezwungen, sich anzupassen. Trotz allem dick aufgetragenen Optimismus und trotz aller äusserlicher Initiative ist der heutige Mensch von Gefühl einer tiefen Ohnmacht erfüllt, so dass er wie gelähmt herannahenden Katastrophen entgegenstarrt.“ (S. 185)

„Die Verzweiflung des automatenhaften Konformisten ist ein fruchtbarer Boden für die politischen Ziele des Faschismus.“ (S. 185)

Aus Erich Fromms Credo:

„Ich glaube, dass die Liebe sozusagen der „Hauptschlüssel“ ist, mit dem sich die Tore zum Wachstum des Menschen öffnen lassen. Ich meine damit Liebe zu und Einssein mit jemand anderem oder etwas außerhalb von mir selbst, wobei das Einssein besagt, dass man sich auf andere bezieht und sich mit anderen eins fühlt, ohne damit sein Gespür für die eigene Integrität und Unabhängigkeit einschränken zu müssen. Liebe ist eine produktive Orientierung, zu deren Wesen es gehört, dass folgende Merkmale gleichzeitig vorhanden sind: Man muss sich für das, wo- mit man eins werden will, interessieren, sich für es verantwortlich fühlen, es achten und es verstehen.“

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