TRAU DER (M)ACHT DEINES SELBST!

mal ein paar gedanken zu verletzlichkeit (bspw. bei brown), zerbrechlichkeit und antifragilität (bspw. bei taleb).

ein erfordernis für lebensprozesse ist schuz vor vernichtung – zumindest aus der perspektive des betroffenen organismus. der beste schutz besteht aus einer antwort auf wunden und brüche, die den organismus fitter macht als vor der verletzung, der verwundung. der schlechteste schutz besteht aus der vermeidung der risiken, die verletzung, verwundung nach nich ziehen können. dies führt in der konsequenz zu einer schwächung des organismus.

es gibt eine tendenz zum verzärtelten, übertrieben behütenden schutz ebenso wie überbordende versicherung möglicher riskien. das sind antworten auf die realen gefahren des lebens. und es sind antworten, die mit konstruieren, vernichtet zu werden. denn sie machen den organismus abhängig vom vorhandensein der zartheit, des schutzes, der versicherung. letztlich der einhaltung von verträgen und abkommen mit der umwelt.

dies führt aber weder zu einer eigenständigen robustheit des organismus noch zu dem was als resilienz (bspw. antonovsky) bekannt ist, nämlich die fähigkeit trotz existentieller bedrohungen und störungen zu bleiben, wie man ist. resilienz ist gut, aber zieht keinen vorteil aus bedrohlichen, angsterzeugenden situationen. der organismus wird nicht fitter, sondern verliert nur nicht seine fähigkeit, zu überleben. resilienz dient dem überleben, nicht der verbesserung der lebensfähigkeit.

„death makes angels of us all“ singt der poet-sänger jim morrison. der tod des organismus ist unausweichlich, unabwendbar. aus unseren klauen, mit denen wir rabenartig unsere pfründe im diesseits festhalten wollen, wachsen uns adlerflügel, um von dannen zu fliegen. nun ja. spirituell mag das ja so sein. der organismus ist und bleibt aber tot. und ist nicht mehr am leben. da mag flattern, was will. mein organismus flattert nicht. und ein engel? ich weiss nicht so recht?! wer´s glauben mag…

wenn ich den tod nicht verhindern kann (und ich sterbe täglich ein bisschen): wozu dann überleben? das ist eine berechtigte frage, finde ich. denn das leben (oder wahlweise überleben) an sich trägt keinen SINN. das leben AUS sich selbst heraus hat für mich durchaus sinn. aus sich selbst heraus! kein „wozu“? kein „warum“? kein „wie lange“? leben ist leben. und das genügt (mir)!

also taucht die viel gewaltigere frage auf: wie lerne ich „die kunst, zu leben“ (lustigerweise der untertitel der vipassana-kurse nach s.n. goenka)? meine antwort darauf: dem wuchernden, ausufernden leben gute bedingungen bieten. schnell heilende wunden, stärker werden aus verletzungen. geschickter werden im angesicht von sinnenlust, übelwollen, stumpfheit und mattheit, aufgeregtheit, zweifel. das sind die geistesfaktoren, die der wirkliche feind jeder achtsamkeit sind. und ohne achtsamkeit (sati) gibt es kein (spirituelles) über-leben. also etwas, das über das leben hinausgeht.

etwas, das satt im leben wuchert und dennoch es transzendiert. das ist spiritualität. lebendige, gesunde spiritualität. und die braucht MACHT aus und ACHT auf das lebendige zentrum des organismus, dem SELBST. „Trau der (M)ACHT deines Selbst“ ist also die heuristik, die faustformel nach dem alle entscheidungen für mich getroffen werden können. spätestens nach 7 atemzügen braucht es ENT-SCHEIDUNG, festlegung, das risiko unter unsicherheit weiterzuleben.

diese haltung macht stark. wenn ich von ihr abweiche, werde ich schwach. und das heisst: ich werde eher sterben. und wer will das schon? frankl – den ich immer wieder wärmstens in meinem herzen trage – weist so deutlich darauf hin: es ist der mensch, der dem leben (s)einen sinn gibt. das leben HAT keinen sinn. wir menschen haben die fähigkeit, dem leben sinn zu schenken.

wir sind schöpfer, kreative, lebendige wesen. das ist die umschreibung dessen, was die „lebendige seele“ des menschen ist. die chrtisten sehen im „zweiten tod“ also dem nach dem jüngsten gericht endgültigen spruch über ewiges leben oder ewigen tod die eigentliche wegscheide zwischen eternalem leben oder tod. Darauf – ins jenseits – ist der blick des gläubigen christen im wesentlichen gerichtet. ich möchte das nicht in abrede stellen und respektiere diese aus-richtung, den glauben, die haltung.

ich bin diesseitig. ich bin hier lebendig. und ich will ewig leben! ja – wirklich. kein schreibfehler. denn: „ewigkeit ist keine zeitperiode, sondern ewigkeit ist hier und jetzt. kriegst du es hier nicht, kriegst du es nirgendwo“ (joseph campbell). ewigkeit ist jetzt. ewigkeit ist hier. das ist das ganze mystische geheimnis aller weltreligionen, jeder ernsthaften beschäftigung mit der menschlichen seele und dem organismus des menschen. jedenfalls für mich.

nach mehr als 34 jahren (mit elf jahren bekam ich nietzsches zarathustra zum geburtstagsgeschenk!) ist das die essenz meiner studien der mythologie, der religion, der philosophie, der psychologie, der kommunikationswissenschaft und der medizin: TRAU DER (M)ACHT DEINES SELBST! schon crowley empfahl den adepten (wie bardon, regardie, frazer und all die anderen ungenannten) folgendes: fasse den gehalt deiner quest(e), deiner suche, deines wissens, deiner ausrichtung in ein wort, ein bild, einen sinnspruch, einen ton und mache ihn zum dauerhaften objekt deines lebens. ich habe ihn gefunden. für mich. nicht allein. gott bewahre! ich hatte helfer und helferinnen. schlaue und weniger schlaue. weise und wirklich dumm-dreiste. junge und alte (besonders die kinder, die ich seit 7 jahren in meiner praxis aus und eingehen sehe und die sterbenden, die ich begleitet habe).

so – das waren meine gedanken. und ich bin froh, dass es so ist, wie es jetzt ist. mit all den risiken, unwägbarkeiten, unsicherheiten meines lebens. ich suche nicht mehr nach schutz da draussen noch nach versicherten verträgen mit anderen. ich bin 100% verletzlich, 100% zerbrechlich und werde stärker durch jede berührung. nicht durch isolation und abschottung. sondern durch aktive teilnahme am leben. und wenn ich das gerade nicht TU, dann deshalb, weil ich gerade in diesem moment nicht in der ewigkeit bin, mir nicht selbst traue. nicht meiner macht und nicht meiner acht.

und das wirklich wunderbare ist: das darf sein! ich DARF ohnmächtig und unachtsam sein. ich weiss, wie der preis dafür ist: verlust des ewigen lebens. meine entscheidung. meine wahl. mein leben. ewig oder nicht. ich bin am ziel meiner quest. ich habe den sieg errungen. es gibt nichts mehr zu tun, als dieses wissen gewinnbringend zu nutzen und anderen zur verfügung zu stellen. nicht, weil ich so unsagbar schlau oder spirituell wäre. nö! sondern, weil das genau das ist, was mir meine mächtige innere führung aufträgt. und ihr werde ich voller vertrauen folgen, bis an der welt ende (was nicht mein ende sein muss!).

Um mit crowley zu sprechen: tu was du willst-sei das ganze gesetz.
und ich sage eben: TRAU DER (M)ACHT DEINES SELBST!

Ein Gedanke zu „TRAU DER (M)ACHT DEINES SELBST!“

  1. Lieber Friedrich, mir kam da als erstes zu deinem Text diese Wörter in den Kopf.
    Audit 31
    Fragt Macht Warum, dann ist Macht Schwäche .
    Liebe Grüße Lenny

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