Rückblick

Am 03.01.1986 – also an meinem 16ten Geburtstag erhielt ich das Büchlein zum Geschenk, das mich zeitlebens begleitet hat. Die Widmung enthielt ein Zitat Seneccas, in dem es darum ging, nicht nur „zu tun, was man liebt, sondern zu lieben, was man tut“. Passender haette die Widmung nicht sein können. Ich verschlang „meinen“ Zarathustra noch direkt nach dem Auspacken und trug feierlich der versammelten Familienrunde die ersten Worte vor. Ich war stolzer als je in meinem Leben.

Einige Jahre vorher haten meine Eltern – auf meinen dringenden Wunsch – mir zu meinem 12ten Geburtstag eine Sammlung germanischer Götter- und Heldensagen geschenkt. Wie konnte ich mit Kriemhild, Attila und Hagen eine phantastische Sicht entwicklen. Bereits damals ahnte ich die tiefe Verbindung zum Unsagbaren – dem der Sprache unzugänglichen Teil des Lebens !
In diesen frühen Knabenjahren las ich schnell, viel und intensiv. Kafkas gesammelte Werke, Hesse (bis auf das Glasperlenspiel wohl alles), Marc Aurels Selbstbetrachtungen, Das Kapital (nur die Stellen, in denen es explizit um FREIHEIT ging: es waren nicht viele!) und die Bibel erinnere ich.
Später kamen Camus, Sartre und mein bis heute geliebter E. M. Cioran dazu. In meinen 20ern habe ich die hinduistische und buddhistische Literatur in mich aufgesogen. Das Geheimnis der goldenen Blüte habe ich wohl schon mehr als zwanzig Jahre bei mir, Kapleau, Deshimaru und D. T. Suzuki aber auch Allan Watts, Mantak Chia ein Ausflug in die Zenpraxis nach Taisen Deshimaru, regelmaessige Tai Chi und taoistische Meditationen liessen mich ab dem dreissigsten Lebensjahr in mich wachsen. Heute – nach 43 Jahren – blicke ich aus Fernblick im Sonnenlicht der ägyptischen Sonne zurueck.
Ich meditiere nicht mehr, lese immer noch viel, schreibe seit 31 Jahren Lyrik und Prosa.
Ich schaue mich tief und hoch an, blicke in meine Abgründe und Kellergemächer, blinzle in die Strahlen meiner Sonne. Ich bin Beides – männlich und weiblich. Und mit dem gleichen Stolz in meiner Brust murmle ich : gate gate paragate parasamgate bodhi svaha – gegangen, gegangen, hindurchgegangen, ans andere ufer gelangt – xxx- heil!

geschrieben an meinem 43ten Geburtstag am Strand des roten Meeres in den frühesten Morgenstunden …

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