SIN CONDICIONES

Ganz ehrlich?
in manchen situationen FÜHLE ich gar nichts. NICHTS. manchmal bin ich so dissoziiert und taumle (wie betäubt). es wäre grundfalsch anzunehmen, es fiele mir leicht, zu fühlen. so viele jahre sind vergangen seit es mich geschützt hat nicht (so viel) zu fühlen. ich musste es lernen, das fühlen. und das hat mich mehr als ein jahrzehnt im eis (hinter den steinkalten mauern der isolation) gekostet. so wie ich lernen musste, meinen körper zu spüren, zu empfinden.

ich war sicher mehr als 2/3 meiner lebenszeit STONE (ich konnte mich dem anderen zuwenden, ihm etwas geben – oft viel zu viel! aber: mich durfte nichts und niemand berühren in meinem innersten. da war ich oft steinhart. STONE zu sein ist cool – irgendwie?! aber meine affekte waren flach oder grell – weit entfernt von gefühlen (von den echten, weisst du?)).

ich bin durch eine harte lehre gegangen und habe gelernt, mich sehr sehr vorsichtig zu öffnen. man darf sich niemals in mir täuschen: ich bin weder grossartig noch wirklich schlau. ich bin eigentlich sehr einfach. ich fürchte mich vor dem unbekannten (gefühlen zum beispiel) und musste regelrecht üben, mutig zu werden. ich bin nicht gerade gesegnet. das musste ich schon immer selbst und ganz allein erledigen. mit den wichtigsten menschen (zuerst mit allen frauen) konnte ich meine eigenen wunden heilen und verarzten in den letzten drei jahren. meine beziehungen sind geklärt und sind keine hindernisse mehr für meine entwicklung. mit wachsender freude sind (auch hier wieder fast ausschliesslich frauen) mir menschen in meiner lehrzeit mit viel liebe und verständnis begegnet.

ohne sie wäre diese zeit kaum zu ertragen gewesen. ich habe jetzt keine schuld mehr in mir und schäme mich nicht mehr. weder wegen meines körpers noch wegen meiner „eigenartigen“ art. ich war schon immer – seit meiner kindheit – ein OUTSIDER, später ein OUTLAW. gewalt war mir ein verlässlicher, stets bereiter wegbegleiter.

ich brauche sie nicht mehr und gebe sie weg. ich gebe mein STONE-sein auf. ich habe lange gezögert, diesen – für mich – letzten schritt zu gehen. und es war auch mehr ein sprung als ein schritt. wenn du jemals STONE BUTCH BLUES von leslie feinberg liest, wirst du mich wahrscheinlich viel besser verstehen. auch was ich mit STONE meine!

ich habe frauen immer geliebt. bei ihnen habe ich mich immer daheim gefühlt. ich glaube heute, dass das einfach zu mir passt. mit frauen zusammen zu sein. aber ich konnte im letzten halben jahr – auch in den beiden männergruppen, bei denen ich mitmache – erfahren, wie wichtig männer für meine entwicklung als mensch sind. ich freue mich sehr darauf, in 3 wochen in einer einwöchigen klausur nur unter männern zu sein. ich bin dazu jetzt wirklich bereit. ob ich körperlich mann oder frau bin, wird immer unwichtiger für mich. meine ideale des mann-seins waren oft fremdbestimmt. was ich auf meiner reise gefunden habe, ist keine IDEALE männlichkeit – aber: meine eigene.

ich habe mich oft gefragt, ob ich die frauen als frau liebe?! und ich glaube, dass es auf eine weise so ist, auch wenn das selbst mir nicht wirklich geheuer ist. ich weiss auch nicht, was es bedeutet. aber ich weiss ganz sicher, wie ich denke, empfinde und FÜHLE. das ist das einzige, worauf ich mich – inzwischen – verlassen kann.

die grösste freude in meinem bisherigen leben ist es, meinen freundinnen verlässlich zur seite stehen zu dürfen. ja – es sind eben fast nur frauen. aussergewöhnliche (zarte, harte, mütter, kinderlose, sanfte, krasse – und ihre lieben sind grossartig, einzigartig und wunderbar).

die grösste überraschung war es für mich, auf menschen zu treffen, die mir spiegel wurden. sie sind  kostbare spiegel, mehr als ich mir vorstellen konnte. gespiegelt zu werden, tut manchmal weh. aber dieser spiegel ist rein und klar. ich habe lange gebraucht, die einmalige chance dieser begegnungen wirklich zu begreifen.

und während ich das erlebe, hat sich der spiegel ausgedehnt. und nun werden mir alle anderen freunde / freundinen zu spiegeln. die isolation ist zu ende. es gibt einen buddhistischen text, in dem von lichtern die rede ist. jedes licht spiegelt sich in jedem anderen. das ist die helligkeit der himmel, in die ich immer gelangen wollte. aber heute ist mir klar geworden, dass ich schon in ihr bin.

ich übe mich darin, nichts zu erwarten (das ist die härteste übung für mich – alle anderen kann ich schaffen). deshalb für dich – allein hinter deiner mauer – und gleichzeitig für alle, die wissen, dass ich ihre freundin (ähm: ihr freund!) bin:
QUIERO QUE SEPAS … QUE HOY PUEDAS CONTAR CONMINGO.

SIN CONDICIONES.

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